Als SEO Spezialisten haben wir es nicht leicht: wir haben zwar ein klares Ziel. Aber bei den Methoden, dieses zu erreichen, verlassen wir den Bereich des sicheren Wissens.
Wir nutzen unseren gesunden Menschenverstand, Erfahrungswerte aus der Vergangenheit, Veröffentlichungen von Google und Gerüchte, um zu ermitteln, welche Maßnahmen zielführend sind.
Da liegt es doch nahe, dieser pseudowissenschaftlichen Sammlung von Vermutungen eine wissenschaftliche Sicherheit zu verleihen, indem wir eine Korrelationsanalyse durchführen. Das klingt schon mal ziemlich wissenschaftlich, und es kommen exakte Zahlen dabei heraus, die uns die Illusion absoluter Präzision geben. Kein Wunder also, dass auch die jährlich veröffentlichte Searchmetrics-Studie auf Korrelationsanalysen beruht.
Vereinfacht gesprochen ermittelt Searchmetrics für jeden der vermuteten Faktoren, ob dieser Faktor für Websites mit vorderen Rängen stärker zum Einsatz kommt als für Websites mit hinteren Rängen. Wenn hier kein Zusammenhang besteht, kommt eine Korrelation von 0 heraus. Besteht ein Zusammenhang kommt eine positive Korrelation bis maximal 1 heraus, besteht ein gegenläufiger Zusammenhang ergibt sich eine negative Korrelation bis minimal -1.
Ein nachvollziehbares Beispiel wäre der Einsatz einer H1-Überschrift. Hier hat Searchmetrics für 2015 eine positive Korrelation von 0,02 ermittelt. Sprich: Websites an Spitzenpositionen setzen ein klein wenig mehr auf H1-Überschriften als Websites auf hinteren Positionen. Der geneigte SEO-Spezialist würde daraus folgern, dass der Einsatz von H1-Überschriften wirksame Maßnahme ist, um Websites in den Google Suchergebnissen nach vorne zu bringen. Doch ist dieser Schluss richtig?
Schauen wir uns ein drastischeres Beispiel an: Der Ranking-Faktor mit der mit Abstand höchsten Korrelation von sage und schreibe 0,52 ist die Click-Through-Rate, also die Häufigkeit, mit der Suchende bei Google dann auch tatsächlich auf den jeweiligen Eintrag in den Suchergebnissen klicken. Aha, dagegen ist ja die Korrelation für die H1-Überschrift ein Witz – wir sollten also alle Energie darauf setzen, die Click-Through-Rate zu verbessern, und schon schnellt unser Ranking in ungeahnte Höhen!? Vielleicht kommen Sie an dieser Stelle ins Grübeln.
Ist die Tatsache, dass Websites an Top-Positionen häufiger angeklickt werden als solche auf hinteren Positionen, nicht irgendwie völlig logisch? Ist also die hohe Click-Through-Rate nicht die Ursache für das Top-Ranking, sondern vielmehr das Top-Ranking die Ursache für die hohe Click-Through-Rate? Die Verwirrung ist komplett, und wir merken spätestens jetzt: Die Korrelation alleine liefert uns keine fundierte Entscheidungsgrundlage. Erst wenn wir die Kausalität nachweisen, wird ein Schuh daraus. Leider hören die meisten Studien genau vor diesem wichtigen Schritt auf, denn der wäre ungleich aufwändiger zu ermitteln als die Korrelation, und die Ergebnisse wären wahrscheinlich ernüchternd und würden die SEO Zunft zahlreicher Instrumente berauben, mit denen sich Geld verdienen lässt.
Die Click-Through-Rate war zugegebenermaßen ein extremes Beispiel. Aber es gibt andere Beispiele, z.B. wenn aufgrund einer positiven Korrelation zwischen Facebook Likes und dem Ranking einer Website gefolgert wird, Facebook-Likes wären ein Ranking-Faktor. Einzelne Untersuchungen zur Kausalität konnten diese Aussage bisher nicht bestätigen, und dennoch erzählen viele SEO Experten ihren Kunden, wie wichtig Social Media für das Ranking wäre (wir halten es übrigens auch für wichtig – aber nicht für das Ranking).
Ein Schmankerl zum Schluss: mehrere Mathematiker haben unabhängig voneinander untersucht, ob eine Korrelation zwischen der Storchenpopulation und der Geburtenrate bei Menschen besteht – und siehe da: diese Korrelation gibt es, sie ist sogar mit einem Wert von 0,008 durchaus signifikant – dennoch dürfen wir davon ausgehen, dass hier keine Kausalität vorliegt. Dieses Beispiel und eine gute Einführung in die Problematik der Fehlinterpretation von Korrelationen gibt der Beitrag der Bloggerin mit dem wunderschönen Pseudonym Sophie Amalie Antoinette Infinitesimalia aus dem Jahr 2013 auf blog.faz.net.
Zurück zu SEO: Für uns als SEO Experten und Sie als Kunden gilt: wir sollten in jedem Fall kritisch bleiben, wenn uns eine Maßnahme unter Hinweis auf die nachgewiesene Korrelation als wirksam verkauft werden soll. Und auch wenn SEO kein geschütztes Berufsfeld ist, kann eine fundierte – auch mathematisch-statistische – Ausbildung nicht schaden.
Mehr zum Thema SEO gibt es auch auf der Pagemachine Website.